Die Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO)

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Somit sind grenzüberschreitende Insolvenzen innerhalb der EU rechtlich geregelt.

Am 31. Mai 2002 ist die Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO) in allen Ländern der EU - mit Ausnahme Dänemarks - in Kraft getreten. Somit sind grenzüberschreitende Insolvenzen innerhalb der EU rechtlich geregelt. Die Europäische Insolvenzverordnung gilt für alle (Verbraucher- und Unternehmens-) Insolvenzverfahren.

Über dreißig Jahre sind seit der ersten Idee einer gemeinsamen Insolvenzordnung bis zum Inkrafttreten der EuInsVo vergangen.

Erklärtes Ziel der EU-Kommission ist es die  "Effizienz und Wirksamkeit"  grenzüberschreitender Insolvenzverfahren zu verbessern und das sogenannte "forum shopping", d. h. die Verlagerung von Rechtsstreitigkeiten und Vermögensgegenständen in ein EU-Mitgliedsland mit einer vorteilhafteren Rechtsstellung, zu verhindern.

 

Nationales Insolvenzrecht weitgehend unberührt

Die EuInsVo  betrifft hauptsächlich Regelungen von Zuständigkeiten - also welches Land zuständig für bestimmte Rechtsfragen ist. Daher ist das nationale Recht des Staates der Verfahrenseröffnung grundsätzlich auf alle von jeweiligen Insolvenzverfahren betroffenen natürlichen und rechtlichen Personen (z. B. Unternehmen) anzuwenden.

Die Europäische Insolvenzverordnung unterscheidet zwei Arten von Insolvenzverfahren:

   

Hauptinsolvenzverfahren und Sekundärinsolvenzverfahren

Das Hauptinsolvenzverfahren soll stets in dem EU-Mitgliedsland eröffnet werden, in dem der Schuldner den "Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen" hat. Grundsätzlich ist dadurch ein Gericht in einem anderen Land an die erste Entscheidung im Eröffnungsland des Insolvenzverfahrens gebunden - mit Ausnahme Dänemarks.

Nach EU-Insolvenzrecht spricht man von einem Hauptverfahren dann, wenn über das Vermögen des Schuldners (Unternehmens) an dem Ort ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, in dem der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners liegt (üblicherweise der Verwaltungssitz des Unternehmens). Daraus folgt z. B. die Zuständigkeit deutscher Insolvenzgerichte für eine englische Limited,  sofern diese ihre Geschäfts- und Verwaltungstätigkeit in Deutschland ausübt.

Das Hauptinsolvenzverfahren unterliegt dem Recht des EU Mitgliedsstaates, in dem das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde. Prinzipiell umfasst das Hauptverfahren das gesamte und weltweite Vermögen eines Unternehmens. Dem Hauptinsolvenzverwalter oder einem Gläubiger steht jedoch das Recht zu, in den ausländischen Niederlassungen des Unternehmens ein Sekundärinsolvenzverfahren zu beantragen. Dies dient oft der Entflechtung schwer zu durchschauender Vermögenswerte.

Mit Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens wird ein ggf. in einem anderen Land bereits eröffnetes Partikularinsolvenzverfahren zum Sekundärinsolvenzverfahren.

 

Das Sekundärinsolvenzverfahren kann in EU-Mitgliedsländern eröffnet werden, in denen der Schuldner eine Niederlassung unterhält.

Das Sekundärinsolvenzverfahren betrifft das inländische Vermögen des Schuldners im jeweiligen Land, ist aber zwingend mit dem Hauptinsolvenzverfahren zu koordinieren.

Ein Sekundärinsolvenzverfahren kann gemäß der Europäischen Insolvenzverordnung (erstreckt sich auf alle EU-Staaten ausgenommen Dänemark) über das Vermögen einer Niederlassung eröffnet werden, wenn bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der EU ein Hauptinsolvenzverfahren über das Mutterunternehmen eröffnet wurde.

Zu beachten ist:

Art. 29 EUInsVO räumt das Antragsrecht nur dem Hauptinsolvenzverwalter oder einem Gläubiger ein.

Das Sekundärverfahren unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Sekundärverfahren eröffnet ist.

Das Sekundärinsolvenzverfahren beschränkt sich auf das Vermögen des Schuldners, in dem Mitgliedstaat, in dem das Sekundärverfahren eröffnet wurde.

Mit Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens hat das Hauptinsolvenzverfahren gemäß Art. 17 Abs. 1 EuInsVO keine Wirkung mehr auf die Vermögensgegenstände, die im Staat des Sekundärverfahrens gelegen sind.

Das Sekundärinsolvenzverfahren ist ein Liquidationsverfahren.

Für das Verfahren wird ein eigener Sekundärinsolvenzverwalter bestellt.


Sonderfall: Partikularinsolvenzverfahren

Dieses Verfahren kann auf Antrag eines Gläubiger eingeleitet werden - unabhängig davon, ob am wirtschaftlichen Mittelpunkt des Schuldners ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde. Mit Eröffnung eines Hauptverfahrens geht das Partikularverfahren in ein reguläres Sekundärinsolvenzverfahren über.

Ein Partikularinsolvenzverfahren kommt in Betracht, wenn ein Unternehmen seinen Stammsitz im Ausland hat, aber eine Niederlassung im Inland besitzt. Gemäß der Europäischen Insolvenzordnung (erstreckt sich auf alle EU-Staaten ausgenommen Dänemark) beschränkt sich ein Partikularinsolvenzverfahren dann auf das Vermögen des Schuldners im Inland.

 

Eingeleitet wird es nur auf Antrag eines Gläubigers. Es ist zudem nur möglich, wenn noch kein Hauptinsolvenzverfahren über die eigentliche Mutter in einem anderen EU-Mitgliedsstaat eröffnet wurde. Gründe für die Einführung des Partikularinsolvenzverfahrens waren:

Verbesserte Durchsetzung von inländischen Ansprüchen der Arbeitnehmer aus Sozialplänen.

Steuerforderungen des deutschen Fiskus werden einfacher realisiert.

Gläubiger der inländischen Niederlassung des Schuldners können ihre Rechte im Vergleich zu einem ausländischen Hauptverfahren in fremder Sprache und mit fremder Rechtsordnung einfacher geltend machen.

Inländische Vermögensgegenstände müssen nicht einem ausländischen Verwalter ausgehändigt werden.

Ausländische Gläubiger erhalten nach Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens nicht nach ausländischem Recht die Möglichkeit zur Einzelvollstreckung im Inland.


Gesetze und Verordnungen

EGInsO Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren

Änderung der Liste von Insolvenzverfahren, Liquidationsverfahren und Verwaltern in der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 mit Nr. 603/2005 vom 12. April 2005

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